15.070 Euro für Münchner Schulen


Die Findelkind-Sozialstiftung fördert fünf Kunsttherapiegruppen von Refugio München an Münchner Grund- und Mittelschulen.

“Zu-Hause-Bleiben“ in Zeiten von Corona heißt für die meisten Menschen in Deutschland Rückzug an einen sicheren Ort. Geflüchtete Kinder und ihre Eltern in Massenunterkünften haben keinen Ort, an den sie sich zurückziehen können. Sie leben in beengten Unterkünften mit Mehrbettzimmern und Gemeinschaftsduschen, müssen sich die Toiletten mit vielen anderen teilen. Privatsphäre gibt es in den Unterkünften nicht und Geflüchtete sind in Zeiten der Pandemie hohen Risikofaktoren ausgesetzt. Dazu kommt, dass die Einrichtungen nicht kindgerecht sind und vor allem die jüngeren unter der Isolation leiden: Sie dürfen nicht mehr miteinander spielen, Spielzeug ist knapp und Bastel-, Spiel- und Bewegungsangebote, können nicht stattfinden. Viele Kinder und Jugendliche müssen miterleben, wie ihre belasteten, verunsicherten Eltern psychisch instabiler werden, verstehen aber nicht warum.

Kunsttherapie an Schulen

Die von erfahrenen Kunsttherapeut*innen geleiteten Kunstgruppen von Refugio München geben geflüchteten Kindern die Möglichkeit, sich mit ihren traumatischen Erfahrungen und der schwierigen Lebenssituation auseinanderzusetzen. Mithilfe der künstlerisch-kreativen und pädagogisch begleiteten Aktivitäten können wir den Kindern wieder etwas Lebensfreude und Hoffnung schenken und ihnen den Weg für eine glücklichere Zukunft ebnen.

Indem die geflüchteten Kinder ihre Geschichte durch Kunst ausdrücken, können sie ihre schrecklichen Erlebnisse verarbeiten. Dabei werden sie professionell begleitet und unterstützt. Durch Kunst und Kreativität werden die Schreckensbilder der Vergangenheit zu kraft- und fantasievollen Bildern, die zur Verarbeitung der traumatischen Vergangenheit beitragen.

Zuwendung – Förderung – Integration ermöglichen

Beim Malen und Gestalten erfahren die Kinder liebevolle Zuwendung, kompetente Förderung, Anerkennung und Wertschätzung. Nach der erlebten Hilflosigkeit im Herkunftsland und auf der Flucht gewinnen sie wieder Selbstbewusstsein und Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit.

Außerdem erleben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Gemeinschaft und Integration. Sie lernen die neue Sprache, Regeln einzuhalten und einen respektvollen friedlichen Umgang miteinander zu pflegen. Dies sind zentrale Fähigkeiten für eine gelingende Integration in Schule und Gesellschaft.

Beispiel: Masken gegen die Alpträume

Ein Junge gestaltete nach einem schrecklichen Traum eine blutrote Papiermaske mit einem Messer im Kopf. Er sagte, “dass dieser Traum nachts oft zu ihm käme.“

Auch die anderen Jungen hatten Schlafstörungen und kamen auf die Idee, dass sie sich „Schutzmasken“ bauen könnten, in denen sie sicher oder stärker oder auch „unsichtbar“ sein könnten. Wir gestalteten Masken aus Pappmaschee. Die Jungen bemalten sie „kostbar“ mit Goldfarbe oder in anderen starken Farben. Sie trugen die Masken, spielten starker Held oder Zauberer. Sie verstellten dabei ihre Stimmen und schrien mit lauter, mächtiger Stimme.

Zwei Wochen später sagte der Junge, der die blutige Maske gemacht hatte: „Ich träume gut jetzt und brauche Maske nicht mehr.“  Er zerriss die Maske und warf sie in den Papierkorb.

Beispiel: verschiedene Blickwinkel lernen

Vier Mädchen aus Ghana, Syrien, Afghanistan und dem Irak im Alter zwischen 15 und 17 Jahren. Vor drei Jahren starteten die Teilnehmerinnen die Kunsttherapiegruppe verunsichert, introvertiert oder auch sehr aggressiv. Es war schwer, die vier Mädchen in der Regelklasse zu integrieren. Inzwischen haben sie gelernt, sich zu entspannen, sich in Ruhe auszutauschen und gemeinsam Werke zu schaffen, die sie voller Stolz im Schulhaus präsentieren. Sie haben sich darauf eingelassen, den Blickwinkel zu verändern und bildlich dargestellt, wie ein und dasselbe Motiv – die Mona Lisa – mal romantisch, fröhlich den Betrachter anlächelt und dann doch verunsichert und fast ängstlich wirkt.

Genauso ging es im vergangenen Jahr den jungen Frauen. Auf der einen Seite stand die Zuversicht, in ein selbstständiges Leben mit einer Ausbildung zu starten. Auf der anderen Seite waren Ängste und Zweifel. Die zahlreichen Gespräche und Reflektionen in der Gruppe machten sie stärker. Sie haben Selbstbewusstsein gewonnen und letztendlich haben alle vier eine Zusage für einen Ausbildungsplatz bekommen.